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Kein Verkauf ohne Preisbasis

Im Rahmen eines Firmenverkaufs fragen sich viele Inhaber aber auch Käufer, was mit dem Geld auf dem Firmenkonto, den offenen Debitoren oder den noch nicht bezahlten Kreditoren passiert. Wem gehören diese Mittel den nun beziehungsweise wer muss diese Rechnungen bezahlen?

Due DiligenceUnternehmensbewertungVerkäufer

Pauschal lässt sich diese Frage nicht beantworten. Sie ist vielmehr von der jeweiligen Verhandlungssituation und der Art des Firmenverkaufs abhängig. Im Falle eines so genannten Share-Deals, also einer Transaktion, bei der die Anteile am Unternehmen verkauft werden, verbleiben diese Werte grundsätzlich in der Firma. Je nach Situation des Unternehmens, kann dies für den Verkäufer oder den Käufer von Vor- bzw. Nachteil sein. Um für beide Seiten Klarheit zu schaffen, sollte ein bestimmter Referenzwert über den Vermögensstand des Unternehmens vereinbart werden, welcher im Kaufpreis enthalten ist.


Als Referenzwert kommen verschiedene Grössen in Frage, welche aus der Bilanz des Unternehmens abgeleitet werden. Dabei ist anzumerken, dass die genaue Definition von den Vertragsparteien frei verhandelbar ist. Die Festlegung einer Preisbasis erfolgt dabei in drei Schritten:

  1. Referenzgrösse festlegen
  2. Referenzgrösse auf Basis des letztverfügbaren Abschlusses berechnen
  3. Höhe des Referenzwertes festlegen.

Referenzgrösse festlegen

NexOwn setzt in der Regel auf die drei Referenzgrössen Nettoliquidität, Nettoumlaufvermögen oder Eigenkapital. Die Wahl der Referenzgrösse fällt situativ abhängig vom Geschäftsmodell und der Bilanzstruktur.

Flüssige Mittel Umlaufvermögen kurzfristiges Fremdkapital
Debitoren
Vorräte / angefangene Arbeiten langfristiges Fremdkapital
Anlagevermögen Eigenkapital

 

Nettoliquidität = Flüssige Mittel + Debitoren – kurzfristiges Fremdkapital
Nettoumlaufvermögen = Umlaufvermögen – kurzfristiges Fremdkapital
Eigenkapital = Umlaufvermögen + Anlagevermögen – kurzfristiges Fremdkapital – langfristiges Fremdkapital



Referenzgrösse berechnen

Die Berechnung lässt sich am einfachsten anhand eines Beispiels einer Bilanz nachvollziehen:

Aktiven Wert per 31.12.2015   Passiven Wert per 31.12.2015
+ Liquide Mittel (Kasse, Bank, Wertschriften) 300‘000 CHF Kreditoren 200‘000 CHF
+ Debitoren 125‘000 CHF übrige kurzfristige

Verbindlichkeiten

35‘000 CHF
+ Angefangene Arbeiten 375‘000 CHF
+ Vorräte 100‘000 CHF
Total Umlaufvermögen 900‘000 CHF Total kurzfristige Verbindlichkeiten 235‘000 CHF
Maschinen/Fahrzeuge 100‘000 CHF Hypotheken 450‘000 CHF
Immobilien 700‘000 CHF übriges langfristiges Fremdkapital 200‘000 CHF
Total Anlagevermögen 800‘000 CHF Total langfristige Verbindlichkeiten 650‘000 CHF
Eigenkapital 815‘000 CHF
Summe Aktiven 1‘700‘000 CHF Summe Passiven 1‘700‘000 CHF


Nettoliquidität

Aktiven Wert per 31.12.2015   Passiven Wert per 31.12.2015
+ Liquide Mittel (Kasse, Bank, Wertschriften) 300‘000 CHF Total kurzfristige

Verbindlichkeiten

200‘000 CHF
+ Debitoren 125‘000 CHF = Nettoliquidität 225‘000 CHF



Dieser Wert zeigt, dass mit den bestehenden liquiden Mitteln und den Debitoren, die kurzfristigen Verbindlichkeiten problemlos beglichen werden können und darüber hinaus 225‘000 CHF verbleiben.


Nettoumlaufvermögen

Aktiven Wert per 31.12.2015   Passiven Wert per 31.12.2015
+ Liquide Mittel (Kasse, Bank, Wertschriften) 300‘000 CHF Kreditoren 200‘000 CHF
+ Debitoren 125‘000 CHF übrige kurzfristige

Verbindlichkeiten

35‘000 CHF
+ Angefangene Arbeiten 375‘000 CHF
+ Vorräte (Rohstoffe + Hilfsmittel) 100‘000 CHF = Nettoumlaufvermögen 665‘000 CHF



Mit einem Nettoumlaufvermögen von 665‘000 CHF wird deutlich, dass die Firma mit einem Überschuss auf der Umlaufvermögensseite ausgestattet ist. Die Firma kann Ihren kurzfristigen Verpflichtungen problemlos nachkommen.


Nachteil des Nettoumlaufvermögens ist, dass bei der Höhe der Vorräte und der angefangenen Arbeiten Einigkeit über die Bewertungshöhe herrschen muss.


Eigenkapital:

Aktiven Wert per 31.12.2015   Passiven Wert per 31.12.2015
+ Liquide Mittel (Kasse, Bank, Wertschriften) 300‘000 CHF Kreditoren 200‘000 CHF
+ Debitoren 125‘000 CHF übrige kurzfristige

Verbindlichkeiten

35‘000 CHF
+ Angefangene Arbeiten 375‘000 CHF Hypotheken 450‘000 CHF
+ Vorräte (Rohstoffe + Hilfsmittel) 100‘000 CHF übriges langfristiges Fremdkapital 200‘000 CHF
+ Maschinen/Fahrzeuge 100‘000 CHF
+ Immobilien 700‘000 CHF = Eigenkapital 815‘000 CHF



Mit einem Eigenkapital von 815‘000 CHF ist diese Firma mit einer starken Eigenkapitalbasis ausgestattet. Hier stellt sich die Frage, ob diese Basis nicht reduziert werden kann, um die Firma schlanker zu gestalten.

Nachteil eines Referenzeigenkapitals ist, dass sich die Parteien bei allen Aktiv- und Passivposten einig werden müssen, wie hoch die Bewertung der jeweiligen Positionen angesetzt wird. Dies ist speziell im Fall von Maschinen bzw. Fahrzeugen oder Immobilien keine leicht zu beantwortende Frage, welche oft zu Diskussionen führt.


Höhe des Referenzwerts festlegen

Bei allen drei Referenzgrössen stellt sich nach der Berechnung die Frage, wie hoch der Betrag aus betrieblicher Perspektive festgesetzt werden soll. Sind überschüssige Mittel in der Firma vorhanden? Oder sind die Mittel vollständig betriebsnotwendig?

Diese Überlegungen sind bereits bei der Bestimmung des Verkaufspreises vor dem Start der Vermarktung anzustellen um keine Diskussionen zu einem späteren Zeitpunkt der Verhandlung aufkommen zu lassen.

Im schlimmsten Fall kann eine zu späte Diskussion zum Thema Preisbasis auch zu einem Abbruch der bis dahin erfolgreich geführten Verhandlungen führen, wenn die Parteien feststellen, dass nicht von den gleichen Annahmen ausgegangen wurde.

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